Damit sie das Leben haben

Lectio divina zu Joh 10,1-10
Evangelium am Vierten Sonntag der Osterzeit

1 Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. 2 Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. 3 Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. 4 Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. 5 Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. 6 Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. 7 Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. 8 Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. 9 Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. 10 Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. 

Was sagt der Text?
– Jesus redet zu den Pharisäern, nachdem diese den Blindgeborenen ausgestoßen hatten. (Vgl. Joh 9) Es geht um die Frage: Wer sorgt wie für die ihm Anvertrauten? Beide Abschnitte beginnen mit einer Beteuerungsformel.
V 1-6 stellen den Hirten der Schafe einem gegenüber, der als Dieb und Räuber in den Stall kommt. Zwischen Hirt und Schafen gibt es ein vertrautes Verhältnis. Jesus beschreibt alltägliches Geschehen, damit die Hörer erkennen, ob und wie ihr eigenes Verhalten diesem entspricht.
– In V 7-10 Jesus stellt sein eigenes Wirken dem der Pharisäer, die für sich Autorität zum Führen und Leiten beanspruchen, gegenüber.
– Insgesamt enthält der Text eine Fülle von Bildworten. Irgendwie scheinen sie nicht zueinander zu passen. Das macht den Text zu einer „Rätselrede“. Bei den Angesprochenen kommt sie nicht an.

Was sagt der Text mir?
– Jesus, der wahre Hirt – Jesus, die einzige Tür.
Ich kann mich fragen: Von wem oder wovon lasse ich mich leiten in meinem Leben? Welche Einflüsse lasse ich zu? Und wo lasse ich mich wirklich von Jesus führen und leiten?
– Wann frage ich: Was soll ich tun? – und bin dabei bereit, dann auch dem zu folgen, was ich als sein Wort erkenne? Das paßt sogar zu diesem Sonntag, an dem besonders um geistliche Berufungen gebetet wird.
– Es gibt immer wieder Türen im Leben, die darüber entscheiden, wohin der Weg weiterführt. Im Evangelium ist ganz klar: Jesus ist die einzige Tür, der einzige Weg zum Reich des Vaters im Himmel, zum Leben, das kein Wünschen mehr offen läßt. Ich höre: Laß dich ein, sag JA zu diesem Angebot! Laß Jesus dein Leben sein!

Was antworte ich dem Herrn?
Jesus, wahrer Hirt unseres Lebens, du lädst alle ein, dem Ruf zum Leben zu folgen. Du hast uns gezeigt, daß die Tür zum Vater weit offen steht, weil du in deinem Tod und deiner Auferstehung alle Riegel aufgebrochen hast. Gib jeder und jedem den Mut, mit dir, mit deinem Wort das Leben in allen Alltäglichkeiten zu suchen. Stärke unser Vertrauen in dich. Und laß uns in deiner Nachfolge mehr und mehr Dienerinnen und Diener des Lebens werden.

Wie kann ich heute mit dem Text weitergehen?
– Ich kann heute mit Bedacht durch Türen gehen.
– Ich kann heute einmal den vertrauten Psalm 23 beten: Der Herr ist mein Hirte.
– Ich kann heute darauf achten, wer oder was mich beeinflußt – in Begegnungen mit Menschen, in dem, was ich an Information oder Unterhaltung aufnehme.