Gottes Wirken soll offenbar werden

Lectio divina zu Joh 9,1-41
Evangelium am Vierten Fastensonntag

Der lange Abschnitt aus dem Johannesevangelium ist diesmal zu finden auf den Seiten des Schott.

Was sagt der Text?
– Im langen Evangeliumstext treten drei Gruppen auf: Jesus und die Jünger, der Geheilte mit seinen Eltern und Nachbarn und der Geheilte vor den Pharisäern.
Die Jünger vermuten als Ursache für die angeborene Blindheit eine versteckte Schuld. Die Nachbarn wollen eine amtliche Bestätigung für ein ihnen unerklärliches Ereignis. Die Pharisäer beurteilen das Geschehene nach der Frage: Im Gesetz erlaubt oder nicht?
– Die eigentliche Heilung wird kurz und knapp erzählt. Die darauf folgenden Gespräche sind ausführlich.
– Der Geheilte wird insgesamt dreimal befragt. Im Lauf der Anhörungen zeigt sich: Er kommt zu einer immer größeren Erkenntnis, wer es ist, der ihn geheilt hat. Am Ende bekennt er Jesus selbst seinen Glauben an ihn, den „Menschensohn“. Das ist ein Messias-Titel.
– Es geht um wahres Sehen, um Schuld und Gerechtigkeit und um die Frage: Wer ist dieser Jesus?
– Ein blinder Bettler steht vor den Pharisäern und gibt entwaffnende Antworten. Am Ende wird er aus der Synagogengemeinde ausgestoßen. Am Ende kommt er bei Jesus an.

Was sagt der Text mir?
– Als erstes springt die Anfangsfrage ins Auge: Wer hat gesündigt? Es gibt in manchen Kreisen genau diese Vermutung: Jemand muß schuld sein an der Corona-Krise. Da ist Jesu Antwort ein guter Impuls: Weder dieser noch jene, sondern Gottes Wirken soll offenbar werden. Als Christen hoffen wir, daß Gott überall mit uns ist. Machen wir uns Mut, daß er auch in der gegenwärtigen Not der Gott ist, der Leben in Fülle schenken will.
– „… weil er den Sabbat nicht hält“. Da steht ein Urteil fest nach nur einer einzigen Betrachtungsweise. Kein anderes Argument kommt dagegen an.
Vorurteile sind alltäglich. Meistens geht es um menschliche Defizite. Es gibt aber auch das „gute Vorurteil“. Das geht davon aus, daß jeder irgendwo einen guten Beweggrund hat. Ich kann wählen, wie ich jemandem begegne.
– Der sehend Gewordene berührt in seiner Einfachheit, seinem Zutrauen und seiner Beharrlichkeit. Ist er einer, von denen Jesus sagt: Selig, die arm sind vor Gott, ihnen gehört das Himmelreich?

Was antworte ich dem Herrn?
Jesus, du hast Menschen, die in ihrer Krankheit und in Vorurteilen gefangen waren, geheilt und ihnen Würde und Lebensfreude geschenkt. Hilf den Corona-Kranken und den Infizierten. Laß uns das Wunder sehen, daß alle zusammenstehen, einander helfen und mit Phantasie neue Wege zueinander finden.

Wie kann ich heute mit dem Text weitergehen?
– Ich kann heute eine Kerze anzünden für Menschen, denen ich in diesen Tagen Gutes wünsche.
– Ich kann heute Gemeinschaft herstellen mit einem Menschen, von dem ich weiß, daß er / sie unter der jetztigen Isolationssituation leidet – mit einem Aruf, einer E-Mail …
– Ich kann heute einmal die Augen schließen und nachspüren, wie es ist, nichts zu sehen. Dann öffne ich die Augen ganz achtsam wieder.