Gnade über Gnade

Lectio divina zu 1 Kor 1,1-3
Zweite Lesung am Zweiten Sonntag im Jahreskreis

1 Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu, und der Bruder Sosthenes 2 an die Kirche Gottes, die in Korinth ist ‒ die Geheiligten in Christus Jesus, die berufenen Heiligen ‒ , mit allen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus überall anrufen, bei ihnen und bei uns. 3 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Was sagt der Text?
‒ Wir begegnen einem klassischen Briefanfang, wie er in der griechisch‒römischen Antike üblich war: Absender ‒ Adressat(en) ‒ Grußformel.
‒ 1 Paulus meldet sich bei der Gemeinde von Korinth, der er persönlich bekannt ist, mit seiner ganzen Autorität, die er von Gott hat. Über den „Bruder Sosthenes“ erfahren wir nur, daß er sich anscheinend bei der Abfassung des Briefs bei Paulus aufhält.
2 Der Brief geht an die „Kirche Gottes“ in Korinth. Sie ist die Gemeinde derer, die von Christus als „Heilige“ berufen sind.
3 Gnade und Frieden sind Gaben, die von Gott, dem Vater und von Jesus, dem Christus ausgehen.
‒ Am Beginn aller Ausführungen, die folgen werden, macht Paulus denen, die lesen bzw. hören werden, klar, wer sie von ihrer Berufung her sind. Der ganze Brief steht unter dem Segenswort von Gnade und Frieden.

Was sagt der Text mir?
‒ Ich stelle mir vor wie es wäre, wenn heute die Predigt so beginnen würde: An die Kirche Gottes, hier, in … an Euch, ihr Heiligen aus … und aus … und aus … Ja, Ihr hört richtig: Ihr seid Heilige!
‒ Und dann müßte man sich doch weiter fragen: Was soll das heißen, heilig sein? So wie Paulus es gebraucht, meint er wohl nicht Moral.
‒ Die von Christus Berufenen rufen ihrerseits den Namen Christi an. Das ist das Kriterium: Vom Herrn angesprochen sein und ihm antworten. Das ist doch gar nicht so schwer ‒ ?
‒ Es geht nicht darum, sozusagen aus gutem Ton zurückzuschenken. Ruf und Antwort stehen für eine Beziehung. Sie erschöpft sich nicht in einem einfachen Hin und her. Sie schafft eine Einheit und Gemeinsamkeit. ‒ So mit Gott, mit Christus durch’s Leben gehen, das ist Heiligkeit.

Was antworte ich dem Herrn?

Gott, gib mir heute Mut und und Freude, mich als Heilige / als Heiligen zu sehen. Und öffne mir die Augen dafür, daß du allen Gnade und Frieden schenken willst. Deshalb bitte ich dich auch für die vielen Menschen, die in ihrer Lebenssituation davon gar nichts erfahren können.

Wie kann ich heute mit dem Text weitergehen?
‒ Ich kann heute einen Brief schreiben und Anrede und Schluß besonders formulieren.
‒ Ich kann heute daran denken, daß die Menschen neben mir von Gott Geliebte und Begnadete sind.
‒ Ich kann heute, wenn das Telefon klingelt, darauf achten, wie ich mich beim Anrufenden melde.