Der besondere Gast

Lectio divina zu Lk 19,1-10
Evangelium am 31. Sonntag im Jahreskreis

1 Dann kam er nach Jericho und ging durch die Stadt. 2 Und siehe, da war ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war reich. 3 Er suchte Jesus, um zu sehen, wer er sei, doch er konnte es nicht wegen der Menschenmenge; denn er war klein von Gestalt. 4 Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste. 5 Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben. 6 Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf. 7 Und alle, die das sahen, empörten sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt. 8 Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück. 9 Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.

Was sagt der Text?
V 1
Jesus, dessen Weg nach Jerusalem – Ort von Leiden Tod und Auferstehung! – seit Kap 9,51 führt, ist nun schon nahe herangekommen. Jericho ist die letzte größere Stadt. V 2-3: Auf dem Weg − Eine zweite handlungstragende Person wird eingeführt – Zachäus, oberster Zollpächter. Damals wie heute haben wir sofort ein Bild: Durch seinen Posten und sein Verhalten ist er in der jüdischen Gesellschaft ein Außenseiter. Zwei Dinge machen ihn interessant für die Geschichte: Er „will sehen“, wer Jesus ist. Aber er ist klein, und die Menschenmenge ist nicht bereit, ihm dabei behilflich zu sein. V 4-6: Auf dem Baum – Findig, wie er sein Ziel doch noch erreichen will. Überraschend, daß Jesus „hinaufschaut“. Er spricht Zachäus mit Namen an: HEUTE muß ich in deinem Haus bleiben. Dem  „Komm herunter“ folgt er sofort und freudig. V 7-8: Im Haus – Die Menge entrüstet sich nun über das Verhalten Jesu: Bei einem Sünder! Zachäus reagiert. Er spricht Jesus an. Er bekundet seinen Entschluß, überreichlich Gutes tun zu wollen. V 9-10: Jesus bestätigt daraufhin die grundlegende Würde des Zachäus – ein Sohn Abrahams, genau wie die Leute draußen. Damit begründet er sein Verhalten: HEUTE ist in diesem Haus Heil geschenkt worden. Der letzte Satz weitet den Blick: Nicht nur dem Haus des Zachäus, sondern allen, die in irgendeiner Weise „verloren“ sind.

Was sagt der Text mir?
− War es nur Neugier, die alles in Gang setzte? Zachäus erscheint in der Ausgangs- und Endsituation so unterschiedlich, daß sein Wandel zu greifen ist. Weil Jesus zu ihm kommt, wird er ein anderer Mensch.
− Es gibt die Menge, die den Blick auf Jesus verstellt. Gehöre ich dazu? Durch mein Verhalten und meine vorgefaßten Urteile? Für Jesus ist Zachäus kein hoffnungsloser Fall!
− HEUTE ist der Tag, an dem sich auch für mich ereignen kann, daß es gut wird mit mir.

Was antworte ich dem Herrn?
Herr Jesus Christus, du hast den Menschen die Liebe Gottes gezeigt, die allen gilt. Gib uns in der Erfahrung deiner Nähe die Freude, die uns zum Guten drängt.

Wie kann ich heute mit dem Text weitergehen?
− Ich kann HEUTE die Erfahrung machen, daß ich Gast oder Gastgeber bin.
− Ich kann heute meine Wohnung als einen Platz betrachten, an dem Jesus mich sucht, findet und mir „das Heil“ schenkt.
− Ich kann heute ganz bewußt an Orten „bleiben“.