Wer bin ich?
Lectio divina zu Lk 18,9-14
Evangelium am 30. Sonntag im Jahreskreis
9 Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Gleichnis: 10 Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11 Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. 12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. 13 Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! 14a Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause hinab, der andere nicht. 14b Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Was sagt der Text?
V 9: Von der angesprochenen Gruppe erfahren wir nur, daß es Leute mit einer bestimmten Denkweise sind: Ich bin ein gerechter Mensch. Das kann jeder sein, auch, wer den Text hört oder liest. V 10-14a: Diese Haltung bestimmt auch das Gebet des Pharisäers im Gleichnis. Bis zum Schluß lebt das heutige Evangelium von Gegensätzen: Pharisäer und Zöllner, (vorne?) und ganz hinten, viele Worte als „Dank“ und ein einziger bittender Satz, „gerechtfertigt“ und nicht gerechtfertigt. Und am Ende V 14b: Die Verallgemeinerung aus dem Beispiel: Erhöht und erniedrigt – erniedrigt und erhöht. Im Evangelium nach Lukas geht es oft um das Gebet. Hier gibt es eine weitere Unterweisung dazu. Vor Gott darf und soll man erscheinen, wie man wirklich ist. Das tun beide im Gleichnis. Der Pharisäer schaut auf sich, das Gebet des Zöllners hat Gott im Blick. Gott reagiert unterschiedlich auf die beiden Betenden. Am Ende hat der Zöllner − der Allerletzte − im Tempel gefunden, was er sich vielleicht gar nicht zu ersehnen hoffte: Gott nimmt ihn an.
Was sagt der Text mir?
− Was bewegt mich dazu, im Gotteshaus zu beten? Warum gehe ich in die Kirche? Wenn ich zu Gott spreche, was sage ich ihm?
− „Rechtfertigung“ – das große Thema des Paulus! Es treibt die Frommen um: Wie kann ich vor Gott bestehen? Lukas stimmt mit Paulus überein: Alles kommt von Gott, er schenkt und will, daß wir uns beschenken lassen.
− Sich selbst für gerecht halten und die anderen verachten. − Ein Werkzeug der geistlichen Kunst ist in der Klosterregel Benedikts ist: „Alle Menschen ehren.“ (RB 4,8) Das ist ein aktives Üben gegen den Impuls, herabzuschauen, abzustempeln, klein zu machen.
Was antworte ich dem Herrn?
Herr Jesus, du lädst ein: Kommt alle zu mir! Gib deine Gnade, wenn wir beginnen, dein Wort zu befolgen und die Menschen zu lieben nach deinem Beispiel.
Wie kann ich heute mit dem Text weitergehen?
− Ich kann heute bewußt meinen Platz ich in der Kirche auswählen.
− Ich kann heute Menschen freundlich ansehen und ihnen damit Ansehen geben.
− Ich kann heute „oben“ und „unten“ wahrnehmen.